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bemerkte, daß ein weibliches Geschöpf in dem Garten auf und nieder ging, der mit einer leichten
Hecke umzogen ist. Ich ritt auf dem Fußpfade nach der Hecke zu, und ich fand mich eben nicht weit
von der Person, nach der ich verlangte.
Ob mir gleich die Abendsonne in den Augen lag, sah ich doch, daß sie sich am Zaune beschäftigte,
der sie nur leicht bedeckte. Ich glaubte meine alte Geliebte zu erkennen. Da ich an sie kam, hielt
ich still, nicht ohne Regung des Herzens. Einige hohe Zweige wilder Rosen, die eine leise Luft hin
und her wehte, machten mir ihre Gestalt undeutlich. Ich redete sie an und fragte, wie sie lebe. Sie
antwortete mir mit halber Stimme: : Ganz wohl9 . Indes bemerkte ich, daß ein Kind hinter dem Zaune
beschäftigt war, Blumen auszureißen, und nahm die Gelegenheit, sie zu fragen, wo denn ihre übrigen
Kinder seien. : Es ist nicht mein Kind9 , sagte sie, : das wäre früh!9 und in diesem Augenblick schickte
sich's, daß ich durch die Zweige ihr Gesicht genau sehen konnte, und ich wußte nicht, was ich zu der
Erscheinung sagen sollte. Es war meine Geliebte und war es nicht. Fast jünger, fast schöner, als ich
sie vor zehen Jahren gekannt hatte. : Sind Sie denn nicht die Tochter des Pachters?9 fragte ich halb
verwirrt. : Nein9 , sagte sie, : ich bin ihre Muhme.9
: Aber Sie gleichen einander so außerordentlich9 , versetzte ich.
: Das sagt jedermann, der sie vor zehen Jahren gekannt hat.9
Ich fuhr fort, sie verschiedenes zu fragen; mein Irrtum war mir angenehm, ob ich ihn gleich
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schon entdeckt hatte. Ich konnte mich von dem lebendigen Bilde voriger Glückseligkeit, das vor mir
stand, nicht losreißen. Das Kind hatte sich indessen von ihr entfernt und war, Blumen zu suchen,
nach dem Teiche gegangen. Sie nahm Abschied und eilte dem Kinde nach.
Indessen hatte ich doch erfahren, daß meine alte Geliebte noch wirklich in dem Hause ihres
Vaters sei, und indem ich ritt, beschäftigte ich mich mit Mutmaßungen, ob sie selbst oder die Muhme
das Kind vor den Pferden gesichert habe. Ich wiederholte mir die ganze Geschichte mehrmals im
Sinne, und ich wüßte nicht leicht, daß irgend etwas angenehmer auf mich gewirkt hätte. Aber ich fühle
wohl, ich bin noch krank, und wir wollen den Doktor bitten, daß er uns von dem Überreste dieser
Stimmung erlöse.«
Es pflegt in vertraulichen Bekenntnissen anmutiger Liebesbegebenheiten wie mit
Gespenstergeschichten zu gehen: ist nur erst eine erzählt, so fließen die übrigen von selbst zu.
Unsere kleine Gesellschaft fand in der Rückerinnerung vergangener Zeiten manchen Stoff dieser
Art. Lothario hatte am meisten zu erzählen. Jarnos Geschichten trugen alle einen eigenen
Charakter, und was Wilhelm zu gestehen hatte, wissen wir schon. Indessen war ihm bange, daß
man ihn an die Geschichte mit der Gräfin erinnern möchte; allein niemand dachte derselben auch
nur auf die entfernteste Weise.
»Es ist wahr«, sagte Lothario, »angenehmer kann keine Empfindung in der Welt sein, als wenn
das Herz nach einer gleichgültigen Pause sich der Liebe zu einem neuen Gegenstande wieder
öffnet, und doch wollt ich diesem Glück für mein Leben entsagt haben, wenn mich das Schicksal mit
Theresen hätte verbinden wollen. Man ist nicht immer Jüngling, und man sollte nicht immer Kind
sein. Dem Manne, der die Welt kennt, der weiß, was er darin zu tun, was er von ihr zu hoffen hat,
was kann ihm erwünschter sein, als eine Gattin zu finden, die überall mit ihm wirkt und die ihm alles
vorzubereiten weiß, deren Tätigkeit dasjenige aufnimmt, was die seinige liegenlassen muß, deren
Geschäftigkeit sich nach allen Seiten verbreitet, wenn die seinige nur einen geraden Weg fortgehen
darf. Welchen Himmel hatte ich mir mit Theresen geträumt! nicht den Himmel eines
schwärmerischen Glücks, sondern eines sichern Lebens auf der Erde: Ordnung im Glück, Mut im
Unglück, Sorge für das Geringste, und eine Seele, fähig, das Größte zu fassen und wieder
fahrenzulassen. Oh! ich sah in ihr gar wohl die Anlagen, deren Entwickelung wir bewundern, wenn
wir in der Geschichte Frauen sehen, die uns weit vorzüglicher als alle Männer erscheinen: diese
Klarheit über die Umstände, diese Gewandtheit in allen Fällen, diese Sicherheit im einzelnen, wodurch
das Ganze sich immer so gut befindet, ohne daß sie jemals daran zu denken scheinen. Sie können
wohl«, fuhr er fort, indem er sich lächelnd gegen Wilhelmen wendete, »mir verzeihen, wenn
Therese mich Aurelien entführte: mit jener konnte ich ein heitres Leben hoffen, da bei dieser auch
nicht an eine glückliche Stunde zu denken war.«
»Ich leugne nicht«, versetzte Wilhelm, »daß ich mit großer Bitterkeit im Herzen gegen Sie
hierhergekommen bin und daß ich mir vorgenommen hatte, Ihr Betragen gegen Aurelien sehr
streng zu tadeln.«
»Auch verdient es Tadel«, sagte Lothario; »ich hätte meine Freundschaft zu ihr nicht mit dem
Gefühl der Liebe verwechseln sollen, ich hätte nicht an die Stelle der Achtung, die sie verdiente, eine
Neigung eindrängen sollen, die sie weder erregen noch erhalten konnte. Ach! sie war nicht
liebenswürdig, wenn sie liebte, und das ist das größte Unglück, das einem Weibe begegnen kann.«
»Es sei drum«, erwiderte Wilhelm, »wir können nicht immer das Tadelnswerte vermeiden, nicht
vermeiden, daß unsere Gesinnungen und Handlungen auf eine sonderbare Weise von ihrer
natürlichen und guten Richtung abgelenkt werden; aber gewisse Pflichten sollten wir niemals aus
den Augen setzen. Die Asche der Freundin ruhe sanft; wir wollen, ohne uns zu schelten und sie zu
tadeln, mitleidig Blumen auf ihr Grab streuen. Aber bei dem Grabe, in welchem die unglückliche
Mutter ruht, lassen Sie mich fragen, warum Sie sich des Kindes nicht annehmen? eines Sohnes,
dessen sich jedermann erfreuen würde und den Sie ganz und gar zu vernachlässigen scheinen. Wie
können Sie bei Ihren reinen und zarten Gefühlen das Herz eines Vaters gänzlich verleugnen? Sie
haben diese ganze Zeit noch mit keiner Silbe an das köstliche Geschöpf gedacht, von dessen Anmut [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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